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Wandel

Demut – Transformation – Migration

18. Juli – 6. September 2025

Zyklus «Wandel» 2023 – 2025 

Die Ausgaben 2023, 2024 und 2025 von Gstaad Menuhin Festival & Academy stehen ganz im Zeichen des «Wandels». Sie werden durch innovative Projekte aus dem Laboratorium von Patricia Kopatchinskaja begleitet. Innerhalb der Konzertreihe «Music for the Planet» werden Programme präsentiert, die eindrückliche und eindringliche Botschaften über den Zustand von Natur, Menschheit und Gesellschaft mit sich bringen. Dabei werden Genres und Stile feinsinnig gemischt und damit markante Ausrufezeichen zum Zustand der Welt gesetzt. Insgesamt ergeben sich künstlerische Gesamterlebnisse weit jenseits der festgefahrenen Konzertformate. Wie für jedes Event und Unternehmen sind auch für Gstaad Menuhin Festival & Academy die Themen Nachhaltigkeit und Klimawandel wichtig. Sie werden neu mit Priorität und Nachdruck auf die Agenda gesetzt. Unter anderem soll durch eine moderne und adäquate Festivalorganisation aktiv zum Erreichen der Klimaziele beigetragen werden. So wird auch der dreijährige «Wandel»-Zyklus ganzheitlich und nachhaltig abgerundet. Gäste, Öffentlichkeit und Partner wie auch Sponsoren dürfen sich somit auf weiterhin Einzigartiges in und aus Gstaad freuen.


Rückblick 2023: Wandel I – «Demut» 

Demut & Natur
Demut & Vorbildern (Bach-Schwerpunkt)
Demut & Glaube

Mit «Demut» sollten 2023 die Sinne für unsere Haltung gegenüber der Natur, aber auch gegenüber der nicht in unseren Händen liegenden Mächte geschärft werden. Demut empfinden wir als eine in unserer Gesellschaft sehr präsente Lebenshaltung dieser aktuellen Jahre zwischen Pandemie, Krieg und Klimawandel und wir versuchten, mit einer Vielzahl an Programmen im Festivalsommer 2023 darauf einzugehen. Nach einer durch die Auswirkungen der Pandemie und des Kriegsgeschehens bedingten Weltkrise erhalten Werte wie Demut, Bescheidenheit und Respekt eine neue Bedeutung. In der Religion sowie dem individuellen Glauben und der Haltung gegenüber Spiritualität bedeutet Demut eine Geisteshaltung, bei der sich der Mensch in Erkenntnis der eigenen Unvollkommenheit dem göttlichen Willen unterwirft. Diese Haltung spiegelt sich vor allem in der Musik von J.S. Bach. Anlässlich der Eröffnung des Festivals 2023 wurde zudem das Projekt «Mission Menuhin» lanciert, mit dem wir unsere Massnahmen auf dem Weg zu einem ressourcenschonenderen und nachhaltigeren Festival Schritt für Schritt dokumentieren und publizieren.


2024: Wandel II – «Transformation»       

Trans-zendenz    
Trans-Mission  
Trans-Classics

«Transformation»: Für die Entwicklung der Gesellschaft von morgen sind effiziente Veränderungen unabdingbar – allein die digitale Transformation bringt tiefgreifende Auswirkungen mit sich. Doch alles, was sich verändern soll, muss transformiert werden. Festhalten am Alten bedeutet Stagnation, Innovationen sind gefragt. Durch die ständige Suche nach Unbekanntem befindet sich die Kulturszene in einem nicht aufzuhaltenden Veränderungsprozess, durch den sie ihre Umgebung ständig neu beleuchtet. Transformationsprozesse sind dabei begleitet durch den Mut, Neues zu gestalten und Wagnissen zu begegnen. Das erfordert immer wieder nicht nur Konsequenz, sondern auch Radikalität im künstlerischen Ausdruck. Um Relevanz zu bewahren, braucht es neue Konzertformen und Ausdrucksweisen, die im Hinblick auf den kulturellen Auftrag breitenwirksam ansprechen können. Inhalt der Trans-Mission ist die Weitergabe von Wissen, Kultur und Traditionen über Epochen hinweg. Was Gstaad Menuhin Festival & Academy seit Jahren im Geiste des Festivalgründers Yehudi Menuhin in den Akademien lebt und praktiziert, wurde 2024 Teil des Programms: Sei es Mozart, der in seinen Haydn gewidmeten Quartetten sein Idol ehrt, oder die Verarbeitung einer durch Wagner geprägten Harmonik und Gestik durch Bruckner (7. Sinfonie). Dass sich das Festival auch selbst transformiert, zeigte Trans-Classics: Das Live-Erlebnis Konzert aus Mustern und Routinen rauszuholen war ebenso Ziel wie die Begegnung von Genres, Stile und Epochen in innovativen Programmen. Was Wandel und Transformation in uns allen bewirkt? Die Edition 2024 bot Gelegenheiten, Antworten darauf zu finden.


 2025: Wandel III – «Migration» 

«Migration» und Unterthemen:
«Origin»: Musik aus der Heimat
«Inner Emigration»: verbunden mit Schostakowitschs 50. Todesjahr
«Escape to Exile»: Musik der Vertreibung/Flucht und aus dem Exil
«Nostalgia»: Sehnsucht nach der Heimat, nicht erzwungene Emigration, Heimweh

Das Verlassen der Heimat, freiwillig oder gezwungen und Neuanfänge im Exil bedeuten immer auch Brüche in Biografien. Rund 40% der Schweizer Bevölkerung hatten im Jahr 2022 einen Migrationshintergrund. Sich einzulassen auf Neues, Unbekanntes und Ungewohntes beginnt alltäglich bereits beim «Italiener ums Eck» oder der Kebab-Bude am Bahnhof. Die Dimension dieser Prozesse mit Musik aufzuzeigen ist die Zielsetzung, die das Festival 2025 begleitet.  

Denn kaum eine Kunstrichtung spiegelt das Spannungsfeld der Migration zwischen Leiden, Sehnsucht und Hoffnung so eindrucksvoll wie die Musik. Zentrale Begriffe wie Erinnerung, Identität und Zugehörigkeit werden Teil einer kraftspendenden Ausdrucksform. Musik wird zum Medium der unstillbaren Sehnsucht nach dem Vertrauten, Verlorenen, Zurückgelassenen. Sie ist aber auch eine Art «Datenspeicher» von Geflüchteten oder Menschen mit Migrationshintergrund. Musik trägt das Potential in sich, Erinnerungsort zu sein. Musik transferiert aber auch Wissen und Können durch geflüchtete oder emigrierte ausübende Musiker*innen und Komponist*innen und führt so zu interkulturellem Austausch und einer spannenden Neugestaltung gesellschaftlicher Strukturen.

Das Thema der Migration wird im kommenden Festivalprogramm durch die Perspektive individueller Lebensrealitäten greifbar: Zahlreiche der auftretenden Musiker*innen tragen Erlebnisse von Flucht und Neuanfängen im Exil, von politischer Unterdrückung und Reiseeinschränkungen, von Krieg oder gar Verfolgung in sich oder leben mit dem Empfinden der Sehnsucht nach Heimat, künstlerischer Freiheit oder dem Wunsch nach Frieden und Gerechtigkeit in der zurückgelassenen Heimat. Dies verleiht dem Thema eine greifbare Authentizität und Unmittelbarkeit.

Gstaad Menuhin Festival & Academy behandelt 2025 die Phänomene der Migration auf vier Ebenen: «Origin» fokussiert die Musik der Heimat, «Escape to Exile» die Musik der Flucht und aus dem Exil. «Inner Emigration» widmet sich der Musik von Komponist*innen aus unterdrückten politischen Systemen oder von denjenigen, die sich (gezwungen oder freiwillig) in ihr eigenes Inneres zurückziehen und somit den Weg der Selbstbefreiung finden. «Nostalgia» hingegen drückt die Sehnsucht nach der freiwillig oder unfreiwillig verlassenen Heimat aus, das Gefühl von Heimweh. Artist in Residence ist der türkische Ausnahme-Pianist Fazil Say.

Migration in der Musik, Festivalausgabe 2025, Beispiele:

Origin: Musiker und ihre Heimat: Avi Avitals «Mediterraneo», Fazil Says Hommage an seine Heimatstadt Istanbul oder Regula Mühlemanns «Heimat»

Inner Emigration: Schostakowitchs Kammermusik mit u.a. Sol Gabetta, seine Sinfonien und sein 2. Cellokonzert, Rachmaninovs 2. Sinfonie mit dem Tonhalle-Orchester Zürich und dem Gstaad Festival Orchestra, Beethovens 3 letzte Klaviersonaten (in völliger Taubheit komponiert) mit Vikingur Olafsson

Escape to Exil: Händels «Israel in Egypt», «Wurzeln im Exil»: P. Kopatchinskaja mit Panufnik, moldawischer Volksmusik und Ysaÿe, L’Arpeggiatas «West-Balkanroute»-Programm, Musik aus dem amerikanischen Exil mit Schulhoff, Jacobi, Hindemit mit Asya Fateyeva, Saxophon

Nostalgia – Musik als Erinnerung einer vergangenen Zeit und Heimat: Bomsori Kims «nostalgie française», Daniil Trifonovs «sleeping beauty», Bizets Verarbeitung alter südfranzösischer Melodien in Arlésienne, Dvoraks Heimweh in seinem «amerikanischen» Streichquartett und der 9. Sinfonie

Music for the Planet 2025: Zyklus III

In der dritten Ausgabe der Konzertreihe «Music for the Planet» beleuchtet Patricia Kopatchinskaja mit zwei Programmen Fragen nach Herkunft, Zukunft und des sich rasant beschleunigenden Klimawandels.

Das erste Programm (03. August 2025) wird neben der Cellosonate geprägt sein durch Schostakowitschs episches 2. Klaviertrio, das 1944 kurz vor Kriegsende entstand und ein wortloser Ausdruck von subjektivem Lyrismus, von Trauer und Klage ist. Insbesondere die Verwendung von Themen aus der jüdischen Volksmusik im Finale der Komposition bringen dabei das Gefühl von Schmerz zum Ausdruck. Diesen Werken werden Texte des Schweizer Autors und Kabarettisten Franz Hohler gegenübergestellt, unter anderem das Gedicht «Wann wird das sein» von 1973, das Hohler unter dem unmittelbaren Eindruck des ersten Berichts des «Club of Rome» zu «Die Grenzen des Wachstums» verfasste und das sich heute als spektakulärer, visionärer Blick auf die Problematik der Entwicklung des Weltklimas entpuppt. Mit den Kurztexten «Die Göttin» und «Schöpfung» wird aber auch Zuversicht suggeriert. Musik und Texte verbindet ein Gefühl der Ohnmacht, das durch die starke musikalische Wirkung einem Gefühl von Kraft, sogar vorsichtigem Optimismus durch die Chancen des Neubeginns weichen kann.

Patricia Kopatchinskaja, die selbst früh ihre Heimat verliess, um sich in der Fremde entfalten zu können, sagt über ihr zweites Programm der «Music for the Planet»-Konzertreihe (08. August 2025): «Die Wurzel unseres Programmes liegt unterirdisch und im Himmel. Aber am meisten in unseren Herzen». Es geht um Wurzeln schlagen im Exil und um Bäume des Lebens. Um Bäume, die für das menschliche Leben ein Wegweiser, aber durch den Klimawandel bedroht sind: «... Wir gingen fort, um neue Wurzeln zu schlagen, uns anderswo zu befreunden, aber die Bäume unserer Kindheit, sie warten dort …».

Stand Januar 2025